Archäologie
Anthropologie
Archäometallurgie
GIS

Das Projekt

Es handelt sich um ein internationales österreichisch-tschechisches Forschungsprojekt, das vom Österreichischen Wissenschaftsfond (FWF) und Grantová agentura České republiky (GA ČR) gefördert wird. Projektbeginn war der 1.1.2015.

Die Projektleitung

Mag. Dr. Stefan Eichert vom Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität leitet und koordiniert das Projekt auf österreichischer Seite, Prof. Mgr. Jiří Macháček, Ph.D. von der Masaryk Universität in Brünn, Abteilung für Archäologie und Museologie, ist für den tschechischen Part verantwortlich.

Beteiligte Institute

Das Projekt ist auf österreichischer Seite am Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien angesiedelt, in Tschechien an der Abteilung für Archäologie und Museologie der Masaryk Universität Brünn. Darüber hinaus bestehen zahlreiche Kooperationen mit Forschern, Forschungsinstituten und Universitäten.

Inhalt des Projekts

Vom 6./7. Jahrhundert bis in das 11./12. Jahrhundert hinein durchlebt die Region am Zusammenfluss von March und Thaya zahlreiche Transformationsprozesse in sprachlicher, kultureller, ethnischer, wirtschaftlicher, religiöser und politischer Hinsicht. Von besonderer Bedeutung ist stets die Lage an der Schnittstelle unterschiedlicher Einflusssphären und je nach Perspektive kann das Gebiet eine Grenze, eine Kontaktzone und/oder ein Niemandsland sein. Unter diesem Gesichtspunkten analysiert ein interdisziplinäres und internationales Team die Entwicklung der Region auf Grundlage archäologischer Quellen.

Methoden

Für die Bearbeitung der zahlreichen Fragestellungen und Fallstudien innerhalb des Projekts kommen neben klassischen archäologischen Ansätzen wie etwa Typologie, Chronologie, Stratigraphie etc. viele weitere, interdisziplinäre Methoden zum Einsatz: Anthropologie, Archäobotanik, Archäozoologie, GIS-Analysen und -Visualisierungen, Archäometallurgie, Isotopenanalysen, quantitative Analysen u.v.m.

Kurzbeschreibung

Die Flüsse Thaya und March stellen heute weite Teile der österreichisch-tschechischen Staatsgrenze dar. Diese klar definierte Grenze, die erst seit der jüngsten Vergangenheit wieder offen und durchlässig für Interaktion, Austausch und Kommunikation ist, war besonders im Frühmittelalter vielfältigen Transformationsprozessen unterworfen. Es handelt sich um eine Grenzregion, die man je nach Kontext auch als Kontaktzone oder Niemandsland bezeichnen kann, in der einander in unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Systeme gegenüberstehen.

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Zusammenfluss von March und Thaya
 Foto: Stanislav Doronenko; Lizenz: CC BY 3.0

Der Raum, im 6./7. Jh. noch ohne erkennbare Grenze, lässt ab dem 8. Jh. mit awarischer und slawischer Besiedlung eine erste Trennung erkennen. Im 9. Jahrhundert stehen einander Großmähren und das Karolingerreich gegenüber. Durch die Ungarnkriege wie auch ökologische Veränderungen durchlebt das Gebiet im frühen 10. Jh. eine Regression, auf die jedoch bereits wenige Jahrzehnte später abseits der alten Zentren ein erneuter Aufschwung folgt. Im 11. Jahrhundert kristallisiert sich schließlich eine klarere Grenzziehung zwischen Babenberger Mark, přemyslidischem Herrschaftsgebiet und dem árpádenzeitlichen Ungarn heraus. Diese vielfältigen Transformationsprozesse sollen im Projekt von einem internationalen und interdisziplinären Team tschechischer und österreichischer Forscher synchron und diachron in Hinblick auf spezifische Fragestellungen hin untersucht werden:

Wo sind in den jeweiligen Perioden Siedlungen und Zentren, wie sind sie charakterisiert und wie verändern sie sich?

Wie kann man die dahinter stehenden Menschen fassen und welche sozialen Systeme lassen sich erkennen?

Welche technologischen und materiellen Aspekte sind erkennbar und was verraten sie uns über Wirtschaft, Handel, Kommunikation und Interaktion?

Überspannend über diese Bereiche soll diskutiert werden, wo sich Grenzen und wo Kontaktzonen manifestieren, wie sie sich verändern und welche Unterschiede bzw. welche Gemeinsamkeiten zwischen den unterschiedlichen Systemen existieren. Neben einer allgemeinen und quantitativen Aufnahme der bekannten archäologischen Quellen aus der Grenzregion sollen ausgewählte Fundorte (u. a. Hohenau an der March, Pellendorf, Oberleiserberg, Bernhardtsthal, Lány, Mikulov, Kostice) auf beiden Seiten der Grenze im Detail untersucht werden um neue Informationen zur Entwicklung des Raumes im Frühmittelalter zu gewinnen. Eine Kombination von klassischen archäologischen Methoden mit modernsten GIS-Analysen, Systemtheorie, Anthropologie, Archäometallurgie, geophysikalischer Prospektion, Surveys, Archäobotanik, Archäozoologie, naturwissenschaftlichen Analysen und Datierungen etc. soll so den Forschungsstand, der speziell zur österreichischen Seite hin ein starkes Gefälle aufweist, auf einen neuen Level heben.

Gerade die Funde der letzten Jahre führen das enorme Potential vor Augen, das diese Region für die archäologische Forschung birgt. Das Projekt bietet nun die ideale Chance, hier bilaterale archäologische Forschungen in dieser österreichisch-tschechischen Grenzregion durchzuführen, wie sie in einem solchem Umfang noch nie realisiert werden konnten.